Die Arbeitszeiterfassung kommt

„Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzten.“

– Aristoteles –

Die Europäische Union und dessen Gerichtshof (EuGH) entschieden 2019, dass die Arbeitszeiterfassung zur Sicherung des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten eingeführt werden soll. Dies hat viele Arbeitgeber unter Zugzwang gesetzt, sich mit diesen Thema auseinander zu setzten. Wie soll die Dokumentation erfolgen? Als Papierform oder in der digitale Variante? Fragen die sich viele Arbeitgeber stellen. Zudem mit der Unsicherheit, welche Kosten die Anschaffung einer Zeiterfassung entstehen.

Die Einführung der Arbeitszeiterfassung steht bevor und Sie sollten darauf Vorbreitet sein. Seit Anfang des Jahres 2022 besteht die Verpflichtung zur Arbeitszeiterfassung. Das Gesetz soll nun nähere Bestimmungen zur Umsetzung festlegen, wobei die elektronische Erfassung als Grundprinzip gilt. Jedoch keine Pflicht ist.

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat einen lange erwarteten Entwurf zur Neufassung des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG-E) vorgelegt. In diesem Entwurf sollen die Vorgaben des Bundesarbeitsgerichts (BAG) und des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur bereits bestehenden Pflicht der Arbeitszeiterfassung genauer definiert werden.

Verpflichtung zur elektronischen Zeiterfassung

Gemäß § 16 Abs. 2 ArbZG-E wird der Arbeitgeber dazu verpflichtet, den Beginn, das Ende und die Dauer der täglichen Arbeitszeit der Arbeitnehmer am jeweiligen Arbeitstag zu erfassen. Arbeitnehmer können zwar selbst die Erfassung vornehmen, aber die Arbeitgeber bleiben weiterhin für eine ordnungsgemäße Aufzeichnung verantwortlich. Sie müssen durch geeignete Maßnahmen sicherstellen, dass Verstöße gegen die gesetzlichen Bestimmungen zu Arbeits- und Ruhezeiten ihnen bekannt werden. Die Verpflichtung gilt im Grundsatz ab dem ersten Tag des Quartals nach der Verkündung. Bei Verstößen drohen Bußgelder von bis zu 30.000 Euro gemäß § 20 ArbZG.

Elektronische Erfassung

Der Entwurf enthält keine detaillierten Vorgaben zur Ausgestaltung der elektronischen Erfassung. Neben den bereits gebräuchlichen Zeiterfassungsgeräten werden auch andere Formen der elektronischen Aufzeichnung, wie beispielsweise Apps oder Excel-Tabellen, genannt. Abweichungen von der elektronischen Zeiterfassung, wie zum Beispiel eine manuelle Dokumentation auf Papier, sollen jedoch möglich sein. Diese Ausnahmen können durch Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen im Einzelnen geregelt werden.

 

Ausnahmen und Übergangsfristen

Für einen Zeitraum von einem Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes bleibt auch eine nichtelektronische Zeiterfassung erlaubt, um den Unternehmen ausreichend Zeit zur Umstellung zu geben. Je nach Betriebsgröße wird die Übergangsfrist unterschiedlich gestaltet: Betriebe mit weniger als 250 Mitarbeitenden haben zwei Jahre Zeit, während es bei weniger als 50 Angestellten fünf Jahre sind. Betriebe mit weniger als zehn Beschäftigten, ausländische Arbeitgeber ohne Niederlassung in Deutschland mit bis zu zehn entsandten Arbeitnehmern sowie Privathaushalte, die Hausangestellte beschäftigen, können ganz auf die elektronische Form verzichten. 

Weitere Ausnahmen und Pflichten von der Pflicht, die Aufzeichnung am selben Tag vorzunehmen, kann nur durch Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen abgewichen werden. In diesem Fall kann die Aufzeichnung an einem anderen Tag erfolgen, spätestens jedoch bis zum Ablauf des siebten Kalendertages nach der Arbeitsleistung.

Ebenfalls durch Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen kann geregelt werden, dass Mitarbeitende, bei denen die gesamte Arbeitszeit aufgrund der besonderen Merkmale ihrer Tätigkeit nicht gemessen oder im Voraus festgelegt werden kann oder von den Arbeitnehmern selbst festgelegt wird, von der Aufzeichnungspflicht ausgenommen sind. Dazu gehören beispielsweise Führungskräfte, herausgehobene Experten oder Wissenschaftler, die nicht zu festgelegten Zeiten anwesend sein müssen, sondern selbst über Umfang und Einteilung ihrer Arbeitszeit entscheiden können. Die Tarifvertragsparteien oder Betriebspartner sollen festlegen, für welche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer diese Ausnahmen gelten.

Der Entwurf regelt außerdem eine Informationspflicht der Arbeitgeber: Sie müssen auf Verlangen ihre Mitarbeitenden über die erfasste Arbeitszeit informieren und ihnen gegebenenfalls eine Kopie der Aufzeichnungen zur Verfügung stellen. Die Aufzeichnungen müssen mindestens zwei Jahre lang aufbewahrt werden.

Das flexible Arbeitszeitmodell der Vertrauensarbeitszeit soll durch den Entwurf ausdrücklich nicht beeinträchtigt werden. Dabei werden der Beginn und das Ende der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit nicht festgelegt, sondern den Mitarbeitenden überlassen. Dies soll weiterhin möglich sein, solange die gesetzlich zulässigen Höchstarbeitszeiten nicht überschritten und die Pausenzeiten eingehalten werden.

Nach Veröffentlichung des vorliegenden Entwurfs werden zahlreiche Stellungnahmen von Arbeitgeberverbänden, Gewerkschaften und Branchenverbänden erwartet. Das Gesetz soll zeitnah eingebracht werden und möglicherweise noch in diesem Jahr in Kraft treten.